Jenny Marx und die Wahrheit über die Beatles (Auswahl)

2007 erhielt ich vom Land Sachsen-Anhalt ein Residenzstipendium für das Künstlerhaus Salzwedel. Mein Atelier befand sich damals im Jenny-Marx-Haus, in dem Jenny Marx als eine von Westphalen geboren wurde. 2010 lud der Förderverein vom Künstlerhaus Salzwedel mich ein, an dem von ihm initiierten Projekt Jenny teilzunehmen. Jenny Marx sollte dabei assoziativ im Mittelpunkt der künstlerischen Auseinandersetzung stehen. Träger des Projekts »Jenny« war die Kulturstiftung des Bundes.

Jenny Marx, geboren am 12.2.1814 als von Westphalen in Salzwedel, gestorben am 2. 12. 1881 in London. In ihren sehr kurz zusammengefassten Erinnerungen von 1865 berichtet Jenny Marx, wie sie von Gläubigern verfolgt wurde, wie die vielen Sorgen um das tägliche Leben an ihrer Gesundheit zehrten und wie sie die Tode ihrer Kinder (sie bekam sieben Kinder, vier von ihnen starben) verkraften musste.

Schon während meiner Recherche fragte ich mich, welche Wünsche Jenny Marx hatte und was ich ihr wünschen würde. Meine Frage reichte ich in einem Brief mit Informationen zum Leben von Jenny Marx an ca. 60 Frauen aus dem öffentlichen Leben weiter und bat diese um einen Wunsch für Jenny Marx.
Aus den Wünschen, die mich anschließend per Post oder Email erreichten, traf ich eine Auswahl und setzte ein Dutzend in Bilder um.
So entstand meine Serie: „Jenny Marx und die Wahrheit über die Beatles“.
Die Serie wurde im 2010 Künstlerhaus Salzwedel vorgestellt und 2014 zum 200. Geburtstag von Jenny Marx im Danneil Museum/Salzwedel ausgestellt.
Nachfolgend ist eine Auswahl der Wünsche und deren Verbildlichung zu sehen.

Wunsch von Dr. Isabella Kreim,
ehemalige Leiterin des Kunstvereins Ingolstadt

„Ein Wunschtag im Leben der Jenny Marx:
9 Uhr: Jenny Marx geht zu ihrem Frauenarzt und lässt sich die Pille verschreiben, um nicht noch sieben mal schwanger zu werden.
10 Uhr: Karl Marx sitzt am Laptop (!) im Garten, damit sie seine unleserlichen Manuskripte nicht mehr abtippen muss. Sie diktiert ihm.
12 Uhr: Karl Marx steht in der Küche, um für die Familie zu kochen. Jenny liegt im Liegestuhl und liest Heinrich Heine.
14 Uhr: Jenny Marx erhält einen Anruf aus Stockholm: Sie erhält den Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften als eigentliche Autorin von „Das Kapital“.
16 Uhr: Jenny Marx bastelt an einem Computer-Virus, der alle Zockergeschäfte der Banken lahm legt.
20 Uhr: Jenny Marx diskutiert in einer TalkShow mit Gregor Gysi und Alice Schwarzer über den Begriff „von Westphalinismus-Leninismus heute“.
22 Uhr: Jenny und ihre drei Töchter spielen „Auf und Ab“, das Lebens-(Kunst-)Spiel von Barbara Wrede und besaufen sich dabei.
0 Uhr: Jenny träumt von ihrem Geburtshaus: Es ist mit den „Rasenstücken“ von Barbara Wrede tapeziert. Die vom Verschwinden bedrohte Figur darauf ist Karl Marx.
Barbara Wrede und Jenny Marx fliehen auf einem Hängebauchschwein reitend davon und lassen den Kapitalismus hinter sich.

Der Wunschtag,
42 x 30 cm
Blei-und Buntstift auf Papier
Foto @Barbara Wrede
Sammlung Danneil Museum Salzwedel

Wunsch von Christine Gehrmann,
Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Gifhorn

„Ich habe gefunden, dass sie einst Ballkönigin und schönstes Mädchen von Trier war – und da passt es doch, an eine Verwandlung zur Feministin zu denken, die das kommunistische heimlich in ein feministisches Manifest umschreibt  - und sich dabei eins ins Fäustchen lacht...(posthum natürlich – also nach Karls Tod). Das wäre meine Idee und mein Wunsch für Jenny Marx – vielleicht hatte sie auch solche Wünsche bei all der Abhängigkeit vom allzu göttlichen Gatten...“

Ballkönigin,
30 x 21 cm
Federzeichnung auf Papier
Foto @Barbara Wrede

Wunsch von Ulrike Schlue,
Theaterregisseurin und Schauspielerin, Petzow bei Potsdam:

„Ich wünsche Jenny Marx schöne, freundliche junge Männer als Liebhaber. Sie dürfen gerne auch gescheit sein. Jenny ist ihre große Liebe; sie verehren sie, machen ihr Komplimente und verreisen heimlich mit ihr, ohne dass der alte Sack das mitkriegt. Dieses Vergnügen soll Jenny ganz für sich haben.“

Hoch auf dem roten Wagen
42 x 30 cm
Feder und Aquarell auf Papier
Foto ©Barbara Wrede

Wunsch von Prof.Dr. Juliane Jacobi,
Professorin für Historische Pädagogik, Historische Sozialisationsforschung an der Universität Potsdam (a.D.)

„Für Jenny Marx würde ich mir wünschen, dass sie, statt für Karl zu redigieren, einfach 100 Jahre später in London in den sechziger Jahren des 20. Jahrhunderts gelebt hätte, als London „swinging“ war. Eine eigene Boutique in der Carnaby Street mit Miniröcken, Caban-Jacken, selbstgenähten Ballonmützen aus Jeansstoff und Baumkuchen aus Salzwedel, wäre das nichts gewesen? Und im Hintergrund „It’s been a hard day‘s night“.“

Jenny Marx und die Wahrheit über die Beatles,
42 x 30 cm
Federzeichnung auf Papier
Foto @Barbara Wrede
Sammlung Danneil Museum Salzwedel

Wunsch von Dr. Marion Saliter,
Wirtschaftsromanistin, München

„Aufgrund der sommerlichen Hitze wünsche ich mir ein Bild mit Jenny und meinen Katzen, Messalina und Ernesta-Che (seinen Namen habe ich verweiblicht, eigentlich ist es Ernesto-Che...), die sich auf dem Golfplatz vergnügen. Eventuell kommt ja der Namensvetter vorbei (übrigens auch ein Golfspieler) und reicht eine kleine Erfrischung.“


Auf dem Golfplatz
42 x 30 cm,
Aquarell auf Papier
Foto @Barbara Wrede
Privatsammlung

Wunsch von Ingrid Wrede,
Kauffrau, Autorin, ausgezeichnet mit dem Bundesverdienstkreuz, ehemalige stellvertretende Bürgermeisterin und Kreistagsabgeordnete, Hankensbüttel-Emmen

„Ich wünsche Jenny Marx einen Hammer.“

(Ingrid Wrede ist meine Mutter.)



Hammer,
42 x 30 cm
Buntstift auf Papier
Foto @Barbara Wrede

Wunsch von Dr. Christiane Tewinkel,
Musikwissenschaftlerin, Berlin

„Was ich Jenny Marx wünsche:
Daß sie nachts von ihren vier verstorbenen Kindern träumt und träumt, diese wären noch am Leben, und daß sie aufwacht und merkt: Es ist tatsächlich so, sie sind wieder da. Einfach keinen Brustkrebs. Außerdem eine ihr gehörende Stadtvilla in London oder ein ihr gehörendes Gutshaus, gern bei Salzwedel, mit einem Grundstück so groß, daß sie Karl einen Schuppen oder eine Laube zur Verfügung stellen kann, so wie Gustav Mahler sein Komponierhäuschen hatte, in das er sich sommers zurückzog. Und ich wünsche Jenny mehr Geld, zum Beispiel durch einen älteren Gönner, der sie anbetet, weil sie schön, klug und gedankenreich ist; das stört Karl natürlich, doch ist er so abhängig von ihr, dem Geld, den intellektuellen Anstößen und der Hilfe für ihn, dass er es notgedrungen schluckt und zeit seines Lebens in Sorge lebt, daß sie ihn verlassen könnte.

Sieben Zwerge,
42 x 30 cm
Bleistift auf Papier
Foto @Barbara Wrede

Wunsch von Melanie Wiora,
Bildende Künstlerin, Köln

„Ich wünsche ihr ein "Nein"! (d.h. unter anderem ein Stehen zu den eigenen Bedürfnissen und sich Abgrenzen gegenüber den scheinbar selbstlosen Wünschen Marx'.)“

Nein Danke
70 x 50 cm
Farbstifte auf Papier
Foto @Barbara Wrede
Privatsammlung

Wunsch von Dr. Isabell Schenk-Weiniger,
Leiterin der Städtischen Galerie Bietigheim-Bissingen

„Ich wünsche mir für Jenny: Ein Zimmer mit Aussicht für sich allein und kostenlose Kita-Plätze. Die Sache mit Karl muss sie dann irgendwie selbst lösen.“

Am Fenster
Bleistift auf Papier, 60 x 42 cm
Foto ©Barbara Wrede

Wunsch von Brigitte Struzyk,
Autorin, Berlin

„Ich wünsche Jenny von Westphalen, dass sie ein Stipendium in Salzwedel erhält und mir wünsche ich von Dir, die Darstellung ihrer Streifzüge durch Salzwedel, meinetwegen eine journey sentimental, viel Freude und für Jenny noch mehr.“

Schöne Aussichten
Foto-Collagen, je ca 20 x 30 cm
Foto ©Barbara Wrede
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